09.01.2016

Kapitel 5 - Was ist ein Trend?

Welche Beobachtungen haben Sie bei Ihren ersten Chartanalysen gemacht? Sind Ihnen bestimmte Merkmale aufgefallen, die sich wie Muster zu wiederholen scheinen?

Schauen Sie sich kurz das nachfolgende Beispiel an:







Sehen Sie, dass sich der Kurs in einer Art Zick-Zack-Linie nach unten bewegt? Noch nicht? Dann schauen Sie sich das nächste Beispiel an. Dort habe ich grafisch ein wenig nachgeholfen:


An dieser Stelle empfehle ich Ihnen sich ebenfalls solche Linien in den Chart zu zeichnen. Zumindest so lange, bis Sie Ihren Blick dafür geschärft haben und den Verlauf auch ohne eingezeichnete Linie erkennen. Wenn das mit Ihrer Tradingsoftware nur schwer oder überhaupt nicht realisierbar ist, speichern Sie den Chart auf Ihrer Festplatte ab und nutzen Sie z.B. Paint oder ein anderes Grafikprogramm.

Wie kommt diese Zick-Zack-Darstellung zustande? In den ersten Passagen haben Sie erfahren, dass auf den Finanzmärkten Angebot und Nachfrage von zentraler Bedeutung sind. Es gibt bestimmte Bereiche im Chartverlauf, an denen sich je nach Situation Angebot und/oder Nachfrage häufen. Stellen Sie sich vor, Sie wären im obigen Beispiel irgendwo ziemlich weit oben im Chartverlauf eingestiegen. In dem Fall wären Sie "short" (Sie hätten also verkauft). Im Laufe der Zeit haben Sie einen Gewinn erwirtschaften können, den Sie nun realisieren möchten. Sie würden die Position also schließen/glattstellen wollen. Was passiert in diesem Moment? Wenn Sie eine Verkaufsposition halten und diese schließen möchten, so bieten Sie diese Position zum Kauf an. Und was machen Sie dadurch? Richtig, Sie verändern das Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage. Natürlich werden Sie alleine den Kurs nicht beeinflussen können. Doch wenn viele Trader/Institutionen/Zentralbanken usw. ihre Positionen an ähnlichen Stellen zur gleichen Zeit schließen und/oder eröffnen, entstehen bestimmte Bereiche in den Charts, an denen wir extreme Bewegung erwarten können. Und wo genau entstehen diese "bestimmten Bereiche", an denen viel Bewegung zu erwarten ist? Das ist die zentrale Frage, die Sie ihre ganze Tradingkarriere über begleiten wird.

Diese Auf- und Ab-Bewegungen bezeichnet man als Trend, wenn folgende Definition zutrifft:

Definition eines Trends:

Ein Aufwärtstrend besteht aus min. 2 steigenden Hochpunkten und min. 2 steigenden Tiefpunkten

Ein Abwärtstrend besteht aus min. 2 fallenden Hochpunkten und min. 2 fallenden Tiefpunkten.

Hierzu ein Schaubild, um die Definition zu verdeutlichen:



Der Tiefpunkt 1 des neu entstehenden Aufwärtstrends kann also gleichzeitig auch der letzte Tiefpunkt des vergangenen Abwärtstrends sein.

Neben dem Aufwärtstrend und dem Abwärtstrend kann es auch einen Seitwärtstrend geben. Der Kurs gibt in dem Fall keine konkreten Hinweise auf seinen weiteren Verlauf. Man nennt diese Phase daher auch "trendlos".

An dieser Stelle ist es wichtig anzumerken, dass ein Trend so lange als intakt gilt, bis er gebrochen wird. So simpel dieser Satz auch klingen mag, bringt er im realen Handel so manchen Trader zur Verzweiflung. Zum Beispiel kann sich in einem Aufwärts- oder Abwärtstrend zwischenzeitlich ein Seitwärtstrend bilden. Dieser mag eine gewisse Zeit andauern, bevor der ursprüngliche Trend fortgesetzt oder gebrochen wird.

Und deshalb ist es manchmal gar nicht so einfach abzuschätzen, ob ein Bruch vorliegt oder nicht:

Beispiel 1: Trendbruch oder nur eine Verschiebung?


Beispiel 2: Diese besondere Kerze möchte man direkt auspusten und sich etwas wünschen...


In beiden Fällen wären Ihre offenen Positionen geschlossen worden, sofern Ihr Stoploss direkt am letzten Tiefpunkt gelegen hätte (Der Stoploss ist eine Schutzfunktion, um größere Verluste zu vermeiden. Wir werden ihn daher in den späteren Kapiteln noch ausführlich besprechen und diskutieren).

Wie können Sie den Trend für Ihr Trading nutzen? Hierzu werden Sie wohl von 100 Tradern 100 verschiedene Antworten erhalten. Letztlich liegt es an Ihnen, welche Strategie Sie verfolgen möchten. Vereinfacht gesagt müssen Sie im Laufe Ihrer Karriere eine Strategie entwickeln, die es Ihnen erlaubt den Trend so lange wie möglich für sich zu nutzen. Im späteren Verlauf werde ich Ihnen einige Beispiele nennen, an denen Sie sich für den Anfang orientieren können. Sie werden jedoch im Laufe der Zeit eigene Merkmale entwickeln und finden, die Ihnen wichtig sind und die für Ihre Strategie unerlässlich sein werden. Das wird zwar ein Weilchen dauern, doch nur so wird es funktionieren.

Bisher also alles noch kein Hexenwerk, oder? Prägen Sie sich die Definition des Trends ein, sie ist wichtig. Suchen Sie in Ihren Charts nach Trends. Beobachten Sie, wie sich Trends in ihrem Verlauf verändern, wie sie Fahrt aufnehmen, wie sie an Kraft verlieren, usw.

Im nächsten Kapitel wird es etwas komplexer. Dann wird es Zeit sich dem Thema "Trendgrößen" zu widmen.