02.12.2019

Der Zauber um die Renditen

Je länger ich mich mit dem Börsenhandel beschäftige, umso mehr mache ich mir Gedanken über den richtigen Weg.

Während ich in den ersten Jahren meiner Parkettkarriere versucht habe, jedes einzelne Zucken der Märkte mitzunehmen, muss ich heute immer wieder feststellen, dass die Kraft in der Ruhe liegt.

Ich habe mich in den letzten Jahren intensiv mit dem Value Investing auseinandergesetzt. Das Thema fasziniert mich, weil es den Börsenhandel aus einer komplett anderen Perspektive beleuchtet und meines Erachtens dem Aktionär die Möglichkeit verschafft, ein Unternehmen tatsächlich rational zu bewerten. Dennoch muss ich sagen, dass sich Chancen zwar immer mal wieder ergeben, es allerdings extrem schwer ist, in den mit Geld überschwemmten Märkten stark unterbewertete Unternehmen zu finden. Insbesondere dann, wenn man hohe Volatilität vermeiden möchte.

Ist man wirklich gewillt, dem Ansatz des Value Investings zu folgen, wird man bei den Blue Chips sehr selten fündig werden. Doch je weiter man sich im Aktienscreener in der Marktkapitalisierung eines Unternehmens gen Süden hangelt, umso riskanter wird das Unterfangen. Das Risiko des Totalverlustes wird größer, je weniger das Unternehmen kapitalisiert ist. Liegt man mit der Investmententscheidung richtig, wartet zwar oft eine große Belohnung, doch die Frage ist, wieso sollte man das Risiko überhaupt eingehen?

Ich konnte in diesem Jahr bislang eine Rendite von 18,4% erwirtschaften. Es ist ein tolles Ergebnis und ich bin froh, dass solche Ergebnisse für mich mittlerweile nicht nur nach einem Traum klingen. Allerdings gibt es einige Tatsachen, die diese Rendite nahezu mickrig erscheinen lassen. Ein stumpfes Investment in einen S&P500 ETF hätte mir dieses Jahr 32,6% Rendite gezaubert, ohne dass ich auch nur eine Minute hätte darüber nachdenken müssen.

Was sagt mir das jetzt? Alles Mumpitz?

Nun, es zeigt mir zumindest, dass ich mit meinen Unternehmenbewertungen zur Zeit noch zu optimistisch umgehe und dass ich konservativer rechnen muss. Die "Margin of Safety" ist heute extrem schwer zu finden, weil das zukünftige Wachstumspotential eine wesentliche und tragende Rolle in der Unternehmensbewertung spielt. Zumindest sollte ich in Betracht ziehen, die Strategie etwas anzupassen. Bislang habe ich versucht günstige Unternehmen zu finden und diese langfristig zu halten und die Investments zu konzentrieren.

Das macht insbesondere dann Spaß, wenn die Kurse dann tatsächlich wieder anziehen. Wenn die Kurse allerdings auf der Stelle stehen oder nur pendeln, dann wird viel Kapital geblockt für ein paar wenige Prozent Dividendenrendite. Na klar, immer noch besser als ein Tagesgeldkonto, aber bei weitem nicht so lukrativ wie die Marktrendite.

Buffett sagt hierzu: Wenn du nicht in der Lage bist, den Markt zu schlagen, investiere in den Markt.

Und er scheint mal wieder Recht zu haben. Warum Rendite verschenken, bloß weil man meint, man sei besser als der Markt?

Ich für meinen Teil habe ein paar wesentliche Erkenntnisse aus meinen Recherchen zu Buffett ziehen können und werde nun nach und nach mein Portfolio umgestalten. Das soll nicht heißen, dass ich kein Stockpicking mehr betreiben werde, allerdings muss ich noch vorsichtiger werden und mich noch intensiver mit dem Thema Unternehmensbewertungen auseinandersetzen.

Zumindest wird mir jedes Jahr immer mehr bewusst, dass Erfolg an den Märkten in den seltensten Fällen Zufall ist. Investieren ist harte Arbeit und die Unternehmen, in die man gewillt ist Geld reinzupumpen, müssen vorher massiv auf den Prüfstand gestellt und unter die Lupe genommen werden.

Auch wenn die Berechnungen und die Recherche mühsam sind, lohnt es sich, diesen Aufwand zu betreiben. Nur so hat die Möglichkeit, fundiert und begründet einige Aktienperlen ausfindig zu machen. Es zeigt sich allerdings immer wieder, dass es immer schwierige wird, jene Unternehmen zu finden, die das Potential haben, ihren Kurs in den nächsten Perioden zu verdoppeln oder gar zu vervielfachen. Die Suche dabei auf die BlueChips zu beschränken, wird heute in den seltensten Fällen zum Erfolg führen.

Man sollte sich also im Klaren darüber sein, dass es die größten Chancen bei den SmallCaps und MidCaps gibt, diese allerdings auch oft mit einem hohen Investitionsrisiko einhergehen.

Daher sollte man sich rein rational tatsächlich die Frage stellen, ob ein "langweiliges" Investieren in einen ETF nicht die bessere Geldanlage wäre.