06.07.2016

Was wir aus dem Brexit lernen können

Turbulente Wochen liegen hinter uns. Erst ein saftiges Plus an den Börsen, direkt gefolgt von einer unerwarteten Brexit-Entscheidung. Auch wenn solche Momente den einen oder anderen viel Geld kosten, sind es doch solche Momenten, die zum Nachdenken anregen und aus denen man viel lernen kann.

Was genau ist eigentlich passiert?
Die Prognosen vor dem Tag der Entscheidung waren vielversprechend. Es sollte ein knappes Ergebnis werden, jedoch hat wohl kaum jemand tatsächlich damit gerechnet, dass sich Groß Britannien aus der EU verabschiedet. Und plötzlich wurde eine Entscheidung bekannt, die für turbulente Momente an den Börsen weltweit gesorgt hat. 

Und was können wir nun daraus lernen?
Immer wieder stellen sich Trader die Frage, welcher Stop an welcher Stelle der richtige ist. Wann ist der Stop zu weit entfernt, wann ist er zu dicht am Kurs? Auch wenn Sie sich an dieser Stelle über eine pauschale Antwort freuen würden, kann ich Ihnen versichern, dass es den perfekten Stop nicht gibt.

Doch eine Sache gibt es und diese wird Sie langfristig vor Verlusten schützen. Versuchen Sie sich darüber im Klaren zu sein, ob kurzfristige Ausschläge von Dauer sein könnten. In dem Fall wurde bereits vorab aus vielerlei Quellen vor dem Trading am und um den Entscheidungstag herum gewarnt. Die Volatilität war enorm. Anders als bei unerwarteten Ereignissen, warnten diverse Broker bereits Tage zuvor vor etwaigen Turbulenzen. Viele Broker passten hierzu sogar die Margin-Anforderungen an. Und wenn sogar Broker uns ermahnen an diesen Tagen vorsichtig zu sein oder nicht zu traden, dann ist tatsächlich Vorsicht geboten :-)

Schauen wir uns das Brexit Szenario daher aus einer anderen Perspektive an. Der DAX stieg und stieg und es schien als seien alle fallenden Kurse ein Überbleibsel aus der Vergangenheit. Die Wahrscheinlichkeit, dass Großbritannien aus der EU ausscheidet war zwar geringer, als ein Verbleib, dennoch bestand ein nicht unerhebliches Restrisiko. 

Wie kann man sich zukünftig auf solche Ereignisse vorbereiten?

Eine einfache Möglichkeit ist z.B. laufende Positionen vor solchen Tagen z.B. zu halbieren. Das tatsächliche Kapitalverlustrisiko ist nun um 50% gesenkt. Die Verkleinerung der Position könnte in dem Fall proportional zur Volatilität erfolgen. Nach dem erneuten Rückgang an den Börsen hätten Sie jetzt wieder die Möglichkeit die Positionen langsam und stetig zu erweitern. Unrealisierte Verluste werden erst zu realisierten Verlusten, wenn wir die Positionen komplett schließen, was uns direkt zum nächsten Thema führt. 

Wie verwalte ich den Stoploss an solchen Tagen?
Nun, es gilt nach wie vor Verluste klein zu halten, keine Frage. Ich arbeite im Aktienhandel lediglich mit einem fiktiven Stoploss von 10%. Fällt also eine Aktienposition unter normalen Marktbedingungen um insgesamt 10%, dann habe ich mich definitiv geirrt und die Position wird ohne wenn und aber geschlossen.

Liegt allerdings ein Tag mit hoher Volatilität vor uns, wie z.B. die Verkündung von wichtigen News etc. dann möchte ich die Möglichkeit haben, die Situation erneut bewerten zu können. Erwartungen an der Börse können deutlich heftiger Ausfallen, als dies noch vor einigen Jahren der Fall war. Oft sind diese Ausschläge kurzfristiger Natur und nach 1-2 Handelstagen ist die letzte News schon wieder Schnee von gestern.

Das ärgerlichste ist eine Überreaktion an den Märkten. Der Stop wird ausgelöst und einen Handelstag später eröffnet der Kurs womöglich sogar mit einem Upside Gap und die Position wäre schon wieder im Plus gewesen. 

Dieses Feingefühl muss man allerdings entwickeln. Ich arbeite permanent daran dieses Gespür zu verbessern und zu unterscheiden, ob kurzfristige Ausschläge tatsächlich für den laufenden Trade von Bedeutung sind oder nur eine Überreaktion der Anleger. Das Prinzip gilt übrigens für Ausschläge in beide Richtungen. Auch eine kurzfristige Überbewertung im grünen Bereich sollte beobachtet und analysiert werden. Es kann durchaus von Vorteil sein, die Position bei einer Überreaktion mit z.B. 6% Gewinn nach 2 Tagen zu schließen, als nach 4 Wochen mit 2,5% Gewinn. 

Auch hier schließt sich der Kreis wieder im Risiko Management. Wie viel Risiko ist zu welcher Zeit angemessen und angebracht? Wann werden Verluste durch Gier wieder gefressen und wann hätte ein Stop eine Position geschlossen, die vielleicht 4 Tage später 7% eingebracht hätte?

Diese Fragen sind für meinen aktuellen und zukünftigen Handel von zentraler Bedeutung. Bei erfahrenen Händlern wird dieser "Instinkt" oft mit Glück und Zockerei verwechselt. Wenn die kalkulatorische Seite allerdings passt, verringert dieser "Instinkt" mMn. das Risiko, anstatt es zu erhöhen.

In diesem Sinne,

bis zum nächsten Mal :)