04.03.2018

Das Märchen vom KGV

Das KGV ist mittlerweile eine Kennzahl, die nicht nur bei professionellen Anlegern breite Anwendung findet. Viele Privatanleger untersuchen Wertpapiere mittels Kennzahlen aus der Welt der Finanzen - auch das KGV.


Das Märchen vom KGV


Doch kaum eine andere Kennzahl im Aktienhandel birgt so viele Gefahren wie das Kurs-Gewinn-Verhältnis!


Schauen wir uns hierzu vorerst an, was das KGV ist und was es uns eigentlich sagen möchte:

KGV = Aktienkurs / erwarteter Aktiengewinn

Mit anderen Worten: 

Wenn ich mein Geld in eine Aktie investieren möchte, die derzeit für 30EUR gehandelt wird und für das Jahr 2018 ein Kursgewinn von 5EUR erwartet wird, dann ergibt das nach der oben genannten Formel einen KGV von 6.

Okay, und jetzt? Ist das jetzt gut oder schlecht? 

Während im Internet sogar Tabellen zu finden sind, wann ein KGV gut oder schlecht ist, könnten wir mit den Informationen, die wir aus unserem obigen Beispiel berechnet haben, folgendes interpretieren: NICHTS!

Wir könnten in dem Fall lediglich unterscheiden, ob wir ein positives oder negatives KGV errechnet haben, ansonsten kann uns diese Kennzahl derzeit noch keine Rückschlüsse auf irgendwas geben!


Wofür das KGV eigentlich gedacht ist:

Der Ursprüngliche Gedanke des KGV ist die Hilfestellung bei der Entscheidung zwischen zwei verschiedenen Anlagen. Nehmen wir also beispielsweise Aktie A und Aktie B. Bei beiden Aktien handelt es sich um zwei Unternehmen, die nahezu ähnliche Werte liefern. Nehmen wir also an, dass in unserem Beispiel sowohl die Unternehmenszahlen, als auch der Markt, in dem sich diese Unternehmen bewegen, absolut identisch sind. Welche Aktie sollte nun gekauft werden?

Und genau HIER kommt das KGV zum Einsatz! Sofern ansonsten nahezu alle Kriterien identisch sind, würden wir als Anleger die Aktie bevorzugen, die das niedrigere KGV besitzt. Einfach aus dem Grund, weil diese günstiger ist - im Verhältnis zum erwarteten Gewinn.

Das größte Risiko besteht allerdings in der Fehlinterpretation des KGV. Stellen wir uns vor, dass wir in eine Aktie XY investieren wollen. Das Jahr hat gerade begonnen, die Aktie kostet 40 Euro und der erwartete Gewinn liegt bei 4 Euro pro Aktie. Damit erhalten wir ein KGV von 10.

Nach dem ersten Quartal folgen die ersten Zahlen und das Unternehmen muss seine Prognosen korrigieren. Der erwartete Gewinn je Aktie muss auf 2 Euro korrigiert werden. Der Kurs rutscht daraufhin ab und der neue Kurs unserer Aktie XY beträgt 20 Euro. 

Das neue KGV der Aktie beträgt nun *tadaaaaaaa* 10! 



Das KGV bleibt also unverändert, obwohl sich der Aktienkurs halbiert hat. Würdet ihr noch investieren wollen? Ja? Ok, wir warten noch ein Quartal ab, bis wir unsere Entscheidung treffen. 

Durch die Zahlen des nächsten Quartals müssen die Gewinnerwartungen je Aktie erneut korrigiert werden. Die neue Prognose liegt bei 1 Euro Kursgewinn je Aktie. Kurz darauf rutscht die Aktie auf 10 Euro. Wir berechnen erneut das KGV und erhalten: *tadaaaaaaa* wieder 10!

Daraus wird nicht nur deutlich, dass man bei der Betrachtung und Anwendung von Kennzahlen ziemlich vorsichtig und bedacht vorgehen sollte. Aus der falschen Anwendung von Kennzahlen falsche Handelsentscheidungen zu treffen kann ein ziemlich teures Vergnügen werden.

PS. Unternehmen, die stark expandieren und ein enormes Wachstum aufweisen, haben oft ein extrem hohes KGV. Das heißt nicht, dass diese Aktien extrem teuer oder gar überbewertet sind, sondern im Gegenteil: In diesen Beispielen sagt uns der Markt: Diese Aktie ist ein absoluter HOT STOCK!

Beispiele dafür gab es in der Vergangenheit viele: Amazon, Google, Apple, Microsoft uvm. Diese Aktien hatten zeitweise KGVs >50 !

In diesem Sinne, 

einen guten Start in die neue Handelswoche!